Medizininformatik in Deutschland

Eberhard Karls Universität Tübingen
Universitätsklinikum Tübingen

Projektpartner im Konsortium DIFUTURE

Die Forschenden am Tübinger Institut für Biomedizinische Informatik (IBMI) entwickeln und erproben mathematische Modelle, mit denen sich riesige Datenberge schnell durchforsten lassen. Mit modernen IT-Lösungen suchen sie gezielt nach genetischen Besonderheiten und Gemeinsamkeiten von Patientinnen und Patienten, die ihnen verraten könnten, wie z.B. neurologische Erkrankungen entstehen und verlaufen.

Zudem haben die Tübinger Forscherinnen und Forscher neue Konzepte und Software-Komponenten für die Datenintegrationszentren (DIZ) entwickelt – insbesondere hinsichtlich der Analyse enormer Datenmengen. In Tübingen selbst haben sie ein DIZ aufgebaut und engagieren sich in der Ausbildung des dringend benötigten wissenschaftlichen Nachwuchses.
Zusammen mit vielen anderen Partnern der Medizininformatik-Initiative zeigt der Standort Tübingen den Mehrwert von IT-Lösungen und Datenanalysen für eine bessere medizinische Versorgung auf:

  • Krebsmedizin: Je mehr Ärztinnen und Ärzte über die spezielle Krebserkrankung jedes einzelnen Betroffenen wissen, desto besser und zielgerichteter können sie über die bestmögliche personalisierte Therapiemöglichkeit entscheiden. Um möglichst viele Informationen zu sammeln, sollen klinische und biomedizinische Daten – z.B. zu genetischen Veränderungen in Tumoren – an möglichst vielen Standorten übergreifend analysiert werden können.

Folgende bereits abgeschlossene Projekte der Medizininformatik-Initiative wurden hier unterstützt:

  • Neurologie: Um Multiple Sklerose auch in sehr frühen Stadien erkennen und den Krankheitsverlauf besser vorhersagen zu können, wurden zahlreiche Patientendaten standardisiert und analysiert. Die Ergebnisse können dazu beitragen, maßgeschneiderte Therapien rechtzeitig einzuleiten und die Aussicht Betroffener auf einen milden Krankheitsverlauf zu verbessern. Der dazu parallel laufende Anwendungsfall Parkinson Disease hat dazu beigetragen, das Verständnis dieser komplexen Erkrankung zu verbessern, auch in Hinsicht auf eine optimierte und individualisierte Behandlung von Patientinnen und Patienten.
  • Arzneimitteltherapiesicherheit: Innovative IT-Lösungen tragen dazu bei, die Arzneimittelsicherheit und Arzneimitteltherapien zu optimieren. Stationsapotheken können so riskante Wirkstoffkombinationen frühzeitig erkennen und Betroffene besser vor unerwünschten Nebenwirkungen geschützt werden.
  • Seltene Erkrankungen: Vereinheitlichte Fall-Dokumentationen und maßgeschneiderte IT-Lösungen unterstützen Behandelnde und Forschende dabei, Seltene Erkrankungen genauer zu verstehen und die medizinische Versorgung der Betroffenen zu verbessern.
  • Daten zu Bioproben: Die Vernetzung von Biobanken und Datenintegrationszentren soll die Basis der datenbasierten Gesundheitsforschung vergrößern. Das soll Forschenden künftig helfen, Krankheiten und ihre Variationen präziser zu erkennen und Therapien zu optimieren.

Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Universitätsklinikum Tübingen

Daten zu Bioproben

Biobanken sammeln, verarbeiten und lagern Bioproben, die bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten gewonnen werden – von Blut- und Gewebeproben bis hin zu den dazugehörigen genetischen Daten. Ein Schwerpunkt der Zentralen Biobank des Tumorzentrums am Universitätsklinikum Tübingen, dem Comprehensive Cancer Center (CCC) Tübingen-Stuttgart ist die Sammlung von Tumorgeweben. Derzeit lagern hier Proben und Daten von etwa 15.000 Patientinnen und Patienten.

Die Vernetzung dieser Biobank mit dem lokalen Datenintegrationszentrum vergrößert den Pool an Proben und Daten, den Forschende nutzen können, um Tumorerkrankungen genauer zu verstehen. Das hilft Ihnen, die Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen weiter zu verbessern. Die Analyse der Bioproben und ihrer Daten setzt dabei stets das Einverständnis der Patientinnen und Patienten voraus und beachtet alle ethischen und datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die Zentrale Biobank des CCC Tübingen ist – in Vorbereitung einer Partnerschaft – Observer der German Biobank Alliance (GBA).

Medizininformatik-Initiative: ABIDE_MI

Seltene Erkrankungen

Maßgeschneiderte IT-Lösungen können helfen, neue Ansatzpunkte für die Erforschung Seltener Erkrankungen aufzuspüren und die Versorgung der Betroffenen zu verbessern. In diesen Anwendungsfall brachten das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZSE) der Universität und des Universitätsklinikums Tübingen ihre Expertise und Erfahrungen ein. Menschen mit Seltenen Erkrankungen werden hier in 14 Fachzentren versorgt, die über 30 Tübinger Kliniken und Institute miteinander vernetzt sind. Eine wichtige Aufgabe des ZSE ist es, bei unklaren Krankheitsbildern abzuklären, ob eine der schwer diagnostizierbaren Seltenen Erkrankungen vorliegen könnte. Weitere Schwerpunkte liegen in der Versorgung der Betroffenen beim Übergang von der Kinder- und Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin, der Fortbildung von Behandelnden in der Fortbildungsakademie für Seltene Erkrankungen und die Durchführung von klinischen Studien im Bereich Seltener Erkrankungen. Das ZSE Tübingen beteiligt sich an fünf Europäischen Referenznetzwerken zu Seltenen Erkrankungen.

In der Medizininformatik-Initiative hat der Standort Tübingen dazu beigetragen, dass Forschende sowie Ärztinnen und Ärzten die organisatorischen und technischen Lösungen der Initiative nutzen können, um Seltene Erkrankungen besser zu verstehen, zu erkennen und zu behandeln.

Medizininformatik-Initiative: Use Case CORD-MII
Versorgungsatlas für Menschen mit Seltenen Erkrankungen

Neurologie

Ein Ziel der Medizininformatik-Initiative ist es, mit Datenanalysen die Behandlung von Menschen mit Multipler Sklerose und Morbus Parkinson zu verbessern und ihnen dadurch mehr Lebensqualität zu verschaffen. Dafür haben die Forschenden am Zentrum für Bioinformatik (ZBIT) der Universität Tübingen riesige Datenmengen aus modernen biomedizinischen Analyseverfahren analysiert, z.B. Daten aus Gensequenzierungen. Auf dieser Basis können mathematische Modelle helfen, für jede Patientin und jeden Patienten die jeweils erfolgversprechendste Medikation zu ermitteln und ihnen die bestmögliche personalisierte Therapie zu ermöglichen.

Film: Multiple Sklerose - Patientendaten nutzen, Therapien optimieren
Medizininformatik-Initiative: Use Case Multiple Sklerose

Onkologie

Heute stehen den Ärztinnen und Ärzten in der modernen Universitätsmedizin eine Vielzahl an Daten zur Verfügung, um die Tumorerkrankungen ihrer Patientinnen und Patienten zu charakterisieren. Dazu werden einerseits die klinischen Daten, aber auch die molekularen Befunde aus Gewebeproben und Blutanalysen herangezogen und mit verschiedenen Software-Tools ausgewertet.

Das aktuelle Projekt PM4Onco führt die Vorarbeiten der Medizininformatik-Initiative und die Expertise aus den onkologischen Spitzenzentren zusammen und entwickelt sie im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs weiter. Ziel ist die Etablierung einer interoperablen, nachhaltigen Infrastruktur für die Integration und gemeinsame Nutzung von Daten aus der klinischen und biomedizinischen Forschung. Zahlreiche Klinik-Standorte aus ganz Deutschland beteiligen sich am Aufbau dieser nationalen Infrastruktur, mit deren Hilfe die personalisierte Krebsmedizin sich kontinuierlich weiter verbessern soll. Dabei können die interdisziplinären Teams künftig nicht nur Daten aus der klinischen und biomedizinischen Forschung standortübergreifend nutzen, sondern können zusätzlich die Daten aus der Befragung Betroffener und aus den Krebsregistern analysieren.

Neben dem Datenintegrationszentrum sind am Universitätsklinikum Tübingen sind verschiedene Einrichtungen an PM4Onco beteiligt: Das Tumorzentrum CCC („Comprehensive Cancer Center“) Tübingen-Stuttgart, das Zentrum für Personalisierte Medizin, das Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik und das Zentrum für Quantitative Biologie.

Nationale Dekade gegen Krebs: Vernetzte Daten für bessere Therapieentscheidungen

Arzneimittelwechselwirkungen

Maßgeschneiderte IT-Lösungen sollen riskante Wirkstoffkombinationen aufspüren und Risikopatientinnen und -patienten schneller identifizieren, um die Sicherheit von Arzneimitteltherapien weiter zu verbessern. Das Universitätsklinikum Tübingen (UKT) hat sich an diesem Anwendungsfall auf mehreren Ebenen beteiligt. In einer ersten Phase identifizierten die Medizinerinnen und Mediziner am UKT Klinikaufnahmen von Personen, die auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen – engl. „Adverse Drug Effect“, kurz ADE – zurückzuführen sind. Dabei erfassten sie aktuelle, aber auch zurückliegende ADE-Verdachtsfälle. An der Entwicklung von IT-Lösungen für die Analyse dieser Daten sowie der Etablierung neuartiger Sicherheitskonzepte beteiligte sich das UKT zudem federführend. Dabei spielten Methoden des „verteilten Rechnens“ eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen es, Behandlungsdaten von Patientinnen und Patienten zu Forschungszwecken standortübergreifend zu analysieren, ohne dass diese Daten ihren Standort – z.B. den Server einer Uniklinik – verlassen müssen.

Use Case POLAR_MI

Videos

DIFUTURE: Multiple Sklerose - Patientendaten nutzen, Therapien optimieren


HiGHmed: Herzschwäche besser behandeln – Betroffene als Forschungspartner


MIRACUM: Gemeinsam gegen COPD und Asthma


SMITH: Digitale Assistenz am Krankenbett


Die Medizininformatik-Initiative des BMBF – erklärt in 3 ½ min

Mit rund 160 Millionen Euro fördert das BMBF von 2018 bis 2021 die digitale Vernetzung von Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen. Der Animationsfilm zeigt, wie die Medizininformatik dazu beitragen wird, Krankheiten besser zu verstehen und wirkungsvoller zu behandeln. © BMBF


So funktioniert die Ein­willigung zur Daten­nutzung für die medizinische Forschung

Voraussetzung für das Forschen mit Daten ist die informierte Einwilligung der Patientinnen und Patienten in die Nutzung ihrer Daten. Wie funktioniert das genau? Wie lange werden die Daten gespeichert und wer darf sie nutzen? Wie wird der Datenschutz sichergestellt und was passiert bei einem Widerruf? © BMBF

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