Medizininformatik in Deutschland

Universitätsklinikum Heidelberg und Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg

Konsortialführer im Konsortium HiGHmed

Im HiGHmed-Konsortium koordinieren das Universitätsklinikum Heidelberg und die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg einen Verbund aus Unikliniken und Forschungspartnern. Ihr Ziel ist es, durch die Analyse verteilter Daten der Forschung neue Impulse zu geben und mit den gewonnenen Erkenntnissen die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Am Universitätsklinikum Heidelberg wurde dafür ein medizinisches Datenintegrationszentrum aufgebaut. Es führt die am Uniklinikum vorhandenen Patientendaten zusammen und ermöglicht deren wissenschaftliche Analyse.

Zudem wurden Angebote für die Aus- und Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie von Mitarbeitenden anderer Gesundheitsberufe entwickelt. Dadurch können sie lernen, mit neuen Computerprogrammen Daten für klinische Entscheidungen bestmöglich zu nutzen oder Forschungsfragen auf der Basis von Datenanalysen zu formulieren.

Der Standort Heidelberg beteiligt sich an folgenden Anwendungsfällen der Medizininformatik-Initiative:

  • Krebsmedizin: Je mehr Ärztinnen und Ärzte über die spezielle Krebserkrankung jedes einzelnen Betroffenen wissen, desto besser und zielgerichteter können sie über die bestmögliche personalisierte Therapiemöglichkeit entscheiden. Um möglichst viele Informationen zu sammeln, sollen klinische und biomedizinische Daten – z.B. zu genetischen Veränderungen in Tumoren – an möglichst vielen Standorten übergreifend analysiert werden können.
  • Kardiologie: Moderne IT-Verfahren vereinen komplexe Biosignale (z.B. EKG-Daten) mit vielfältigen klinischen Informationen (z.B. Blutdruckwerten, Medikationen) zu einem Datenschatz. Dessen Analyse soll Ärztinnen und Ärzten helfen, Risiken für Herzkreislauf-Erkrankungen präziser zu erkennen und die personalisierte Versorgung zu stärken.
  • Infektionskontrolle: Gelangen Bakterien in die Blutbahn, können sie sich im Körper ausbreiten und gefährliche Infektionen auslösen. Automatisierte Analysen von Patientendaten sollen Ärztinnen und Ärzten in Krankenhäusern künftig helfen, die Infektionsrisiken einzelner Patientinnen und Patienten besser einzuschätzen und – falls nötig – vorbeugend personalisierte Schutzmaßnahmen gegen Krankenhauskeime einzuleiten.
  • Arzneimitteltherapiesicherheit: Innovative IT-Lösungen tragen dazu bei, die Arzneimittelsicherheit und Arzneimitteltherapien zu optimieren. Stationsapotheken können so riskante Wirkstoffkombinationen frühzeitig erkennen und Betroffene besser vor unerwünschten Nebenwirkungen geschützt werden.

Zudem haben das Universitätsklinikum Heidelberg und die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg folgende bereits abgeschlossene Projekte unterstützt:

  • Seltene Erkrankungen: Vereinheitlichte Fall-Dokumentationen und maßgeschneiderte IT-Lösungen unterstützen Behandelnde und Forschende dabei, Seltene Erkrankungen genauer zu verstehen und die medizinische Versorgung der Betroffenen zu verbessern.
  • Daten zu Bioproben: Die Vernetzung von Biobanken und Datenintegrationszentren vergrößert die Basis der datenbasierten Gesundheitsforschung. Das hilft Forschenden, Krankheiten und ihre Varianten präziser zu erkennen und Therapien zu optimieren.
  • Kardiologie: Tragbare oder implantierte Geräte sammeln Herz-Kreislaufdaten von Patientinnen und Patienten auch außerhalb der Klinik. Diese Daten helfen, gesundheitliche Risiken von Menschen mit Herzinsuffizienz früher und besser zu erkennen. Ärztinnen und Ärzte können Verschlechterungen der Herzgesundheit dadurch frühzeitig entgegenwirken und Krankenhausaufnahmen vorbeugen.
  • Infektionskontrolle: Um Häufungen von Infektionen sowie mögliche Übertragungswege in Krankenhäusern schnell erkennen und eindämmen zu können, entwickelten Forschende ein computerbasiertes Frühwarnsystem. Während der COVID-19-Pandemie diente es bereits dazu, die Ausbreitung des Virus in Kliniken zu verhindern.

Abteilung Medizinische Informationssysteme am Universitätsklinikum Heidelberg
Universitätsklinikum Heidelberg
Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg

Daten zu Bioproben

Biobanken sind ein wertvolles Bioproben- und Datenarchiv für die Gesundheitsforschung. Die BioMaterialBank Heidelberg (BMBH) umfasst neun örtliche Biobanken. Sie sammeln, verarbeiten und lagern Gewebeproben und flüssige Bioproben aus der klinischen Routineversorgung sowie aus wissenschaftlichen Studien. Durch die unterschiedlichen Schwerpunkte seiner Partner kann die BMBH Proben für unterschiedlichste medizinische Forschungsfragen zur Verfügung stellen.

Die Vernetzung der BMBH mit dem Heidelberger Datenintegrationszentrum vergrößert den Datenpool und damit die Basis, auf der Forschende neue Erkenntnisse gewinnen können. Die wissenschaftliche Nutzung der Daten und Proben setzt stets das Einverständnis der Patientinnen und Patienten voraus und beachtet alle ethischen und datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die BMBH arbeitet dabei auf nationaler und internationaler Ebene mit vielen Biobank-Netzwerken zusammen. Sie ist Partner der German Biobank Alliance (GBA).

Medizininformatik-Initiative: ABIDE_MI

Seltene Erkrankungen

Mit maßgeschneiderten IT-Lösungen hat Medizininformatik-Initiative dazu beigetragen, neue Ansatzpunkte für die Erforschung Seltener Erkrankungen aufzuspüren und die Versorgung der Betroffenen weiter zu verbessern. Das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZSE) Universitätsmedizin Heidelberg brachte in diesen Anwendungsfall seine Expertise ein. Das ZSE Heidelberg vernetzt 16 Fachzentren, die sich verschiedenen Erkrankungen widmen. Eine wichtige Aufgabe des ZSE ist es, bei unklaren Krankheitsbildern abzuklären, ob eine der oft schwer diagnostizierbaren Seltenen Erkrankungen vorliegen könnte. Ein weiterer Schwerpunkt des ZSE liegt in der Versorgung Betroffener beim Übergang von der Kinder- und Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin. Das ZSE beteiligt sich an vier Europäischen Referenznetzwerken, die sich seltenen Bluterkrankungen, angeborenen Stoffwechselkrankheiten sowie seltenen Lungen- und Nierenerkrankungen widmen.

Erfahrene Klinikerinnen und Klinker schätzen, dass an deutschen Universitätskliniken jede vierte behandelte Person von einer der mehr als 6.000 Seltenen Erkrankungen betroffen sein könnte. In diesem Anwendungsfall hat der Standort Heidelberg – zusammen mit vielen weiteren Partnern – die organisatorischen und technischen Lösungen der Medizininformatik-Initiative genutzt, um die Versorgung von Menschen mit Seltenen Erkrankungen zu verbessern.

Medizininformatik-Initiative: Use Case CORD-MII
Versorgungsatlas für Menschen mit Seltenen Erkrankungen

Infektionskontrolle

Das Sterblichkeitsrisiko bei Patientinnen und Patienten, die sich mit einem Keim infizieren, der eine Resistenz gegen verschiedene Antibiotika aufweist, steigt stetig. Um Gefahren durch Krankenhausinfektionen frühzeitig erkennen zu können, hat die Medizininformatik-Initiative ein computerbasiertes Frühwarnsystem (SmICS) entwickelt. Es hilft, die komplexen Zusammenhänge und Ursachen von Infektionen und ihrer Übertragung zwischen den Kliniken aufzudecken. So kann das Frühwarnsystem dazu beitragen, Krankenhausinfektionen besser vorzubeugen und sie wirkungsvoller zu bekämpften.

Medizininformatik-Initiative: Use Case Infektionskontrolle

Um Patientinnen und Patienten insbesondere vor Infektionen des Blutes (Blutstrominfektionen) zu schützen, entwickelt die Medizininformatik-Initiative in einem weiteren Projekt (RISK PRINCIPE) ein automatisiertes Datenanalysesystem. Es soll das medizinische Personal entlasten und ihm helfen, die Infektionsrisiken einzelner Gruppen von Patientinnen und Patienten besser einzuschätzen und – wenn nötig – frühzeitig vorbeugende Infektionspräventionsmaßnahmen einzuleiten.

Medizininformatik-Initiative: RISK PRINCIPE – Risikovorhersage zur Infektionskontrolle und Behandlung in Krankenhäusern

Kardiologie

Um Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen medizinisch bestmöglich versorgen zu können, gilt es ihre persönlichen Gesundheitsrisiken besser einzuschätzen und Aussagekraft von Prognosen zum Krankheitsverlauf zu verbessern. Um das zu erreichen, führt die Medizininformatik-Initiative viele Daten aus der Forschung und Versorgung zusammen und wertet sie aus. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Standort Heidelberg nutzen hierfür die Expertise des Herzzentrums Heidelberg sowie des Forschungsinstituts zur Systemkardiologie im Klaus-Tschira-Institut für Computational Cardiology. Auch die Forschung am Standort Heidelberg innerhalb des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung bringt sich in die Anwendungsfälle zur Kardiologie ein:

Onkologie

Basierend auf den Erfahrungen am Nationalen Tumorzentrum (NCT) des Universitätsklinikums werden in Heidelberg Daten gespeichert, die Tumore individuell und präzise charakterisieren. Software-Tools fassen die behandlungsrelevanten Informationen – von genetischen und radiologischen Befunden bis zu Blutwerten – zusammen und stellen sie anschaulich dar. Bei den seltenen Leber-Pankreas-Gallen-Tumoren beraten sich die Ärztinnen und Ärzte standortübergreifend, um die jeweils bestmögliche Therapie zu finden. Dabei haben sie auch die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten im Blick.

Die Vorarbeiten der Medizininformatik-Initiative sowie die Expertise der onkologischen Spitzenzentren in Deutschland werden im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs durch das aktuelle Projekt PM4Onco weiterentwickelt: An zahlreichen Standorten wird eine nationale Infrastruktur aufgebaut, die eine standortübergreifende Nutzung von Daten aus der klinischen und biomedizinischen Forschung, aus der Befragung Betroffener und aus den Krebsregistern ermöglicht. Die Nutzung und Analyse dieser Daten soll künftig die Ärztinnen und Ärzten vor Ort noch besser dabei unterstützen, für ihre Patientinnen und Patienten die bestmögliche personalisierte Therapieentscheidung zu treffen.

Nationale Dekade gegen Krebs: Vernetzte Daten für bessere Therapieentscheidungen

Arzneimittelwechselwirkungen

Innovative IT-Lösungen sollen die Arzneimittelsicherheit weiter verbessern. Im Rahmen dieses Anwendungsfalles widmet sich das Universitätsklinikum Heidelberg der Erkennung von möglicherweise fehlerhaften oder risikoreichen Arzneimittelverordnungen für Patientinnen und Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Um in den klinischen Daten Hinweise auf riskante Medikationen und Risikopersonen zu entdecken, entwickeln Forschende aus Heidelberg maßgeschneiderte IT-Lösungen und überprüfen deren Aussagekraft mit geeigneten Testdaten.

INTERPOLAR – Medikationsprobleme und Arzneimittelwechselwirkungen verringern

Videos

DIFUTURE: Multiple Sklerose - Patientendaten nutzen, Therapien optimieren


HiGHmed: Herzschwäche besser behandeln – Betroffene als Forschungspartner


MIRACUM: Gemeinsam gegen COPD und Asthma


SMITH: Digitale Assistenz am Krankenbett


Die Medizininformatik-Initiative des BMBF – erklärt in 3 ½ min

Mit rund 160 Millionen Euro fördert das BMBF von 2018 bis 2021 die digitale Vernetzung von Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen. Der Animationsfilm zeigt, wie die Medizininformatik dazu beitragen wird, Krankheiten besser zu verstehen und wirkungsvoller zu behandeln. © BMBF


So funktioniert die Ein­willigung zur Daten­nutzung für die medizinische Forschung

Voraussetzung für das Forschen mit Daten ist die informierte Einwilligung der Patientinnen und Patienten in die Nutzung ihrer Daten. Wie funktioniert das genau? Wie lange werden die Daten gespeichert und wer darf sie nutzen? Wie wird der Datenschutz sichergestellt und was passiert bei einem Widerruf? © BMBF

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